Interessante Erklärung über Cannabinoide von Leafly

Die wichtigsten Cannabinoide und ihre Eigenschaften im Ãœberblick

Autor: Alexandra Latour

Verõffentlicht am: 15. Mai 2018

Geändert am: 15. Mai 2018

Der Begriff Cannabinoide fällt immer wieder, wenn es um Medizinalhanf geht. Die bekanntesten Cannabinoide sind THC und CBD. Es gibt jedoch viele weitere Cannabinoide in der Cannabispflanze, die wir uns im folgenden Beitrag einmal näher ansehen.

Die wichtigsten Cannabinoide und ihre Eigenschaften im Ãœberblick

In den 1960er Jahren begann der israelische Chemiker Raphael Mechoulam, sich für die aktiven Bestandteile der Cannabispflanze zu interessieren. Schließlich gelang es ihm, den zentralen psychoaktiven Wirkstoff THC zu identifizieren. In den darauffolgenden Jahren wurden weitere Cannabinoide gefunden, hierunter auch das bekannte CBD. Es sind jedoch noch längst nicht alle Cannabinoide bekannt und ihre Wirkungsspektren genauestens erforscht.

Was sind Cannabinoide eigentlich?

Bei Cannabinoiden bzw. Phytocannabinoiden handelt es sich um chemische Verbindungen, die in verschiedenen Variationen in der Pflanze Cannabis Sativa L. vorkommen. Zwar produzieren andere Pflanzen ebenfalls Cannabinoide, jedoch weder in der gleichen Weise noch im gleichen Ausmaß wie die Cannabispflanze. Eine Cannabis Sativa Pflanze enthält um die 500 organischen Verbindungen, wovon 85 zu der Gruppe der Cannabinoide gehören.

Was ist das Endocannabinoidsystem und welche Rolle spielen Cannabinoidrezeptoren?

Das Endocannabinoidsystem ist ein Teil unseres zentralen Nervensystems (ZNS) und somit essentiell für zahlreiche Funktionen im Körper.

Bisher wurden im Endocannabinoidsystem zwei Cannabinoidrezeptor Typen identifiziert:

  • Der Cannabinoidrezeptor 1 (CB1) befindet sich hauptsächlich in den Nervenzellen und kommt am häufigsten im Hippocampus, im Kleinhirn, in den Basalganglien sowie im peripheren Nervensystem wie beispielsweise im Darm vor.
  • Der Cannabinoidrezeptor 2 (CB2) findet sich vorwiegend auf den Immunsystemzellen, die am Knochenaufbau (Osteoblasten) sowie am Knochenabbau (Osteoklasten) beteiligt sind.

Es gibt zudem Hinweise, dass weitere Rezeptoren existieren. Diese sind jedoch noch nicht identifiziert worden. Der menschliche Körper kann selbst auch Cannabinoide (Endocannabinoide) produzieren, die als Neurotransmitter am Endocannabinoid System wirken.

Die bekanntesten Endocannabinoide sind:

  • Anandamid (Arachidonylethanolamid): Anandamid ist eine vierfach ungesättigte Fettsäure und das Ethanolamin-Derivat der Arachidonsäure (Gruppe der Omega-6-Fettsäuren), die besonders häufig im ZNS vorkommt und an die Cannabinoidrezeptoren sowie die Vanilloid-TRPV1-Rezeptoren bindet. THC und Anandamid besitzen eine ähnliche dreidimensionale Struktur, jedoch wird das Anandamid pharmakokinetisch wesentlich schneller abgebaut, während THC einige Stunden wirksam bleiben kann.
  • 2-Arachidonylglycerol (2-AG): Dieses Endocannabinoid aktiviert die Rezeptoren CB1 und CB2 und ist der Ester aus Glycerol und Arachidonsäure. Im Gegensatz zum Anandamid ist 2-AG ein voller Cannabinoid Receptor-Agonist. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass 2-AG unter anderem in der Lage ist, das Knochenwachstum durch eine indirekte Hemmung des adrenergen Systems (Rezeptoren, die von den Botenstoffen Adrenalin und Noradrenalin aktiviert werden) zu stimulieren.
  • O-Arachidonylethanolamid (Virodhamin): Dieses Endocannabinoid wirkt als CB1-Antagonist und CB2-Agonist.

Im ZNS spielen die Endocannabinoide bei zahlreichen physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel bei der Motorik, Nahrungsaufnahme, Appetitregulation, Schmerzverarbeitung und Emotion. Weiter wird angenommen, dass das Endocannabinoidsystem das ZNS vor verschiedenen Schadensereignissen schützt.

Was passiert im Körper, wenn Cannabis konsumiert wird?

Wenn die Cannabinoide aus der Cannabispflanze dem Körper zugeführt werden, binden sie sich an die Cannabinoidrezeptoren. Die unterschiedlichen Cannabinoide können verschiedene Effekte verursachen, je nachdem an welche Rezeptoren sie sich binden.

Da es eine Vielzahl an Cannabinoiden in der Cannabispflanze Sativa L. gibt, möchten wir im Folgenden nur auf die aktuell wichtigsten und bekanntesten Cannabinoide eingehen.

Die aktuell wichtigsten Cannabinoide im Ãœberblick

Delta-9-Trans-Tetrahydrocannabinol (THC)

Das THC ist eines der am besten erforschten Cannabinoide aus der Cannabispflanze. Diesem Cannabinoid wird auch die psychoaktive Wirkung zugesprochen. In der Cannabispflanze selbst liegt THC hauptsächlich als THC-Säure (THCA) vor. Erst durch die Decarboxylierung und Trocknung der Pflanze entsteht THC.

Bisher ist der volle Wirkmechanismus von THC noch nicht geklärt. Das Cannabinoid dockt an die Rezeptoren CB1 und CB2 an. Bindet sich THC an die CB1-Rezeptoren, so hat dies Auswirkungen auf das ZNS, was Glücks- und Entspannungsgefühle auslösen und zur Schmerzlinderung beitragen kann. Zudem konnte in Tiermodellen gezeigt werden, dass THC auf die 5-HT3-Rezeptoren antagonistisch wirken, die am Brechreiz beteiligt sind.

THC kann bei jedem unterschiedlich wirken und ist abhängig von der individuellen körperlichen und psychischen Verfassung. Auch die THC-Konzentration spielt hier eine wichtige Rolle. Allgemein wird dem THC unter anderem folgendes Wirkungsspektrum zugesprochen:

  • Psyche: Wohlbefinden, Euphorie, verstärktes Wahrnehmungsgefühl, Angst (Zunahme oder Abnahme)
  • Denken/Sprache: Erhöhte Konzentrationsfähigkeit, gesteigerte Kreativität, Sprachintensivierung, Beeinflussung des Kurzzeitgedächtnisses
  • Nervensystem: Muskelentspannend, appetitanregend, brechreizhemmend, schmerzlindernd
  • Magen/Darm: Verminderte Produktion der Magensäure und Darmbewegung
  • Augen: Rötung der Bindehaut, Senkung des Augeninnendrucks
  • Herzkreislaufsystem: Erweiterte Blutgefäße, gesteigerter Blutdruck und Herzfrequenz
  • Immunsystem: Entzündungshemmend und antiallergisch

Tetrahydrocannabinolsäure (THCA)

THCA ist eine Cannabinoidsäure, die durch Decarboxylierung in das psychoaktive THC umgewandelt wird. Die Cannabinoidsäure ist hingegen nicht psychoaktiv. Spanische Forscher stellten im Jahr 2017 fest, dass THCA ein neuroprotektives Potenzial aufweist. Infolge dessen scheint es für die Behandlung von verschiedenen Erkrankungen wie Alzheimer, Multipler Sklerose, Huntington, und Morbus Parkinson interessant zu sein – und das ohne psychoaktive Wirkung.

Tetrahydrocannabivarin (THCV)

THCV besitz eine ähnliche Struktur wie THC und bindet sich ebenfalls an die CB1 und CB2 Rezeptoren. Forscher fanden heraus, dass THCV – abhängig von der Dosierung – eine agonisierende oder aber antagonisierende Wirkung auf den CB1 Rezeptor haben kann. So scheinen kleine Mengen THCV den Rezeptor zu blockieren (antagonisieren) und höhere Mengen ähnlich wie THC einen agonisierenden Effekt zu haben. Dementsprechend kann THCV als weiteres psychoaktives Cannabinoid angesehen werden.

Interessant ist eine Studie aus Großbritannien, die an der University of Buckingham durchgeführt wurde. THCV scheint das Potenzial zu besitzen, entzündungshemmend und antiepileptisch zu wirken. Zudem soll THCV eine neue potentielle Behandlungsoption gegen Fettleibigkeit-assoziierte Glukoseintoleranz sein.

Cannabidiol (CBD)

CBD ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Es handelt sich hierbei um ein nicht psychoaktives Cannabinoid, das vorwiegend im oberen Teil der Cannabispflanze vorkommt. In der Cannabispflanze selbst liegt CBD als Säure vor (CBDA). Umgewandelt wird es erst durch Erhitzung.

Die Erforschung der CBD-Wirkung befindet sich noch am Anfang. In Tiermodellen und auch einigen klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass CBD unter anderem wie folgt wirken kann:

  • antiseptisch
  • schmerzlindernd
  • antidepressiv
  • antibakteriell
  • entkrampfend
  • entzündungshemmend
  • schlaffördernd
  • angstlindernd

Cannabidiolsäure (CBDA)

Wenn die Cannabispflanze wächst, produziert sie natürliche Säuren wie das THCA oder eben das CBDA. Erst durch die Decarboxylierung wird CBDA in CBD umgewandelt. Dem CBDA wird in der Forschung aktuell nicht viel Aufmerksamkeit zuteil. Es wird aber angenommen, dass CBDA ein gewisses Gesundheitspotenzial aufweist und entzündungshemmend wirken kann.

Cannabidivarin (CBDV)

CBDV ist das Propyl-Pendant zu CBD sowie das Pendant von THC das THCV ist. Ebenso wie CBD ist auch CBCV nicht psychoaktiv. Im Jahr 2013 führten Wissenschaftler der University of Reading in Großbritannien eine Studie an Mäusen und Ratten durch. CBDV-reiche Extrakte können demnach stark krampflösende Eigenschaften haben.

Cannabichromen (CBC)

CBC ist nicht psychoaktiv und entsteht durch die Umwandlung mithilfe von Enzymen aus dem Vorgängerstoff CBG. Es ist bisher noch nicht geklärt worden, ob CBC eine Wirkung auf die Cannabinoidrezeptoren hat. Jedoch wird angenommen, dass CBC unterschiedliche pharmakologische Wirkungen besitzt und die Effekte von THC und weiteren Cannabinoiden unterstützt.

In einigen wenigen Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass CBC in Verbindung mit THC schmerzlindernd und beruhigend wirken kann. Ob CBC einen antidepressiven Effekt hat, wird aktuell noch diskutiert, ebenso die antibiotische Wirkung gegen antibiotikaresistente Keime.

Cannabinol (CBN)

CBN wirkt leicht psychoaktiv und ist ein Oxidationsprodukt von THC. Vermutlich wirkt sich CBN schwach antagonistisch auf die Cannabinoidrezeptoren aus. Es wird davon ausgegangen, dass CBN eine beruhigende, antibakterielle und augeninnendrucksenkende Wirkung besitzt.

Cannabigerol (CBG)

Beim CBG wird vermutet, dass es an die CB1-Rezeptoren andockt und dort antagonistisch gegenüber verschiedenen Cannabinoiden wie THC wirkt. Auch an den CB2-Rezeptor soll sich CBG binden. Die therapeutisch Wirkung von CBG ist noch nicht vollständig geklärt, es soll jedoch entzündungshemmend auf Darmerkrankungen, gegen Übelkeit und Erbrechen, antibakteriell, augeninnendrucksenkend sowie schmerzlindernd wirken.

Cannabicyclol (CBL)

Über das Cannabinoid CBL ist bisher wenig bekannt. Forscher fanden heraus, dass sich CBL in seiner Struktur von anderen Cannabinoiden unterscheidet. Zudem ist CBL ein Abbauprodukt von dem Cannabinoid CBC. Auch das therapeutische Potenzial von CBL ist nicht ausreichend erforscht. US-amerikanische Wissenschaftler untersuchten in den frühen 1970er Jahren CBL zusammen mit weiteren Cannabinoiden und stellten hier fest, dass CBL nur eine geringe biologische Aktivität besaß.

Was sind synthetische Cannabinoide?

Synthetische Cannabinoide werden künstlich hergestellt und haben eine ähnliche Wirkung wie Phytocannabinoide. Kurz nachdem das Cannabinoid THC in den 1960er Jahren entdeckt wurde, wurden auch synthetische Cannabinoide entwickelt, die für die medizinische Forschung genutzt wurden.

Allerdings hat im Jahr 2008 die Kräutermischung „Spice“ für Aufsehen gesorgt, nachdem Konsumenten von Wirkungen berichteten hatten, die dem THC ähnlich waren. Nachdem die „Kräutermischung“ analysiert wurde, kam heraus, dass diese synthetische Cannabinoide enthielt. Im Jahr 2009 folgte dann das Verbot und die „Kräutermischung“ wurde aus dem deutschen Markt entfernt.

Synthetische Cannabinoide aktivieren genau wie THC die Rezeptoren im Endocannabinoidsystem, wobei sich die Wirkung unterscheiden kann. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich synthetische Cannabinoide stärker an die Cannabinoid Rezeptoren binden. Zudem enthalten sie kein CBD, das den Rausch des pflanzlichen THCs mildern kann und dem eine Schutzfunktion gegen psychotische Effekte nachgesagt wird. Demnach kann der Rausch durch synthetische Cannabinoide intensiver und halluzinogen ausfallen.

Quellen:

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